2024-09 Ein weiter Weg um den Gülper See

1. Tag: Von Gülpe nach Garz
Geplant war, diese 3-Tageswanderung gestern zu beginnen. Mein Gefühl sagte „Nö, keine Lust“. Ich habe drauf gehört und laufe heut erst los. Mein Gefühl nun? Voller Vorfreude! Das Wetter passt, noch kühl, aber es wird noch ein schöner sonniger Tag. Versprochen. Ich möchte den Gülper See umrunden, der Wasserfläche nach befindet er sich „normalerweise“ in Brandenburg auf Platz 16. Sollte man doch eigentlich an einem Tag schaffen, da drum herum zu gelangen. Sollte! Kann man aber nicht. Aber der Reihe nach. Immer schön auf einer Deichkrone verläuft der Weg und erinnert sofort stark daran, dass gerade jetzt an der Elbe, Neiße und Oder mit dem Hochwasser gekämpft wird. Schlimm, was man dort gerade erlebt. Und hier ist die reinste Idylle. Der Gülper See ist mit Zäunen vom Weg abgetrennt. Ich vermute, man möchte die Vogelwelt schützen. Es wird Herbst und gefühlt tausende Gänse und Enten schnattern am Ufer. Ich lese, dass es sogar hunderttausend sind, die hier im Herbst den See als Sammel- und Rastplatz nutzen. Kraniche sehe ich jedoch noch keine. Bald entschwindet der See aus meinem Blick und ich schlage einen weiten Bogen, durch Rhinow hindurch und wieder zurück zum See, der jetzt jedoch meist von einem breiten Schilf- und Gräsergürtel verdeckt wird. Naturschutzgebiet sicher. Und dann stehe ich am Gülper Nadelwehr und über dieses kommt man nicht hinüber. Keine Chance, verständlicherweise mit einem Verbotsschild versehen. Ich hätte vielleicht noch die Chance, den Fischer zu fragen, ob er mich hinüber rudert, dann wäre meine Wanderung heut schon zu Ende. Aber wer will das schon? Ich werde mir einen „natürlichen“ Weg suchen, der mich weit weg durch die Havelauen führen wird. So nehme ich Abschied vom Gülper See, ich werd ihn auf dieser Wanderung nicht wiedersehen. Und noch zwei Tage laufen, laufen und laufen. Das ist auch der Grund, warum der See aus der Iron Lake Challenge rausgestrichen wurde. Aber nicht auf meiner persönlichen Challenge, da bleibt er drin. Größtenteils auf der Straße und dann auf dem Havelradweg wandere ich weiter bis nach Garz, übernachtet wird in den Havelhöfen, früher Rinderställe, heute sehr attraktiv angelegte Unterkünfte. Die Radlerkojen hätte ich mir gern mal angeschaut, aber alles ist ausgebucht. Und Freibier gibt’s morgen, da bleibe ich doch glatt mal da …

5:39 h in Bewegung
7:17 h unterwegs

2. Tag – Von Garz nach Rathenow
Die Umrundung des Gülper See‘s geht in die zweite Runde, obwohl es heute keine „Runde“ wird und der Gülper See auch nicht mehr zu sehen ist. Dafür aber die Havelauen, diese werde ich heute durchkreuzen. Voller Wanderlust ziehe ich los, ein erholsamer Schlaf und ein wunderbares Frühstück haben die Lebensgeister gut aufgebaut. Die Wege allerdings, die sind heute nicht so richtig aufbauend. Oft endlos geradeaus und oft auf Radwegen, beides demotivierend. Ich schalte mir einen Podcast auf die Ohren und schon läuft es sich leichter. So konzentriere ich mich auf die Untersuchungen der „Science-Cops“ über (un)wissenschaftlichen Unsinn, während meine Blicke über die Wiesen schweifen, einige Kraniche auf abgeernteten Feldern und interessante Sitzgelegenheiten neben verknorrten Weiden entdeckend, so vergeht Kilometer und Kilometer. Ich spiele mit dem Gedanken, zwischen Molkenberg und Schollene einen Bus zu nutzen, aber eh der kommt, bin ich schon längst dort. Voriges Jahr habe ich hier übernachtet, in der Linde. Heute bestelle ich mir da eine Apfelschorle. Später treffe ich endlich auf die Havel, nur gut, dass ich den Weg über die Wiesen gewählt habe, auch wenn es damit länger wurde. Ich erinnere mich heute oft an meine Wanderung vom Juni 2023, damals lief ich genau andersherum. Vieles erkenne ich wieder. Nur die letzten vier Kilometer von einem zum anderen Ende von Rathenow, die fallen mir echt schwer. Es war nicht die attraktivste Route heute, aber das habe ich auch letztes Jahr schon festgestellt. Auch wenn die Natur hier wunderschön ist, ist es zum Wandern eben zu oft zu „geradlinig“. Hier sollte man eher Fahrrad fahren …

6:45 h in Bewegung
8:39 h unterwegs

aufgezeichnet von Wanderro u t e

3. Tag – Von Rathenow nach Gülpe
Umrundung Gülper See – letzter Teil. Meine Routenplanung zeigt, dass ich die ersten 9 km immer an der Landstraße laufen soll, aber auch, dass es Bushaltestellen gibt. Hmm, schwere Entscheidung, schließlich scheint auch mein Knie endlich mal Pause haben zu wollen. Ich mache das Gegenteil, ich ziehe die Routenplanung von der Straße weg, mal nach links, mal auf die andere Seite. So wird es zwar noch einen Kilometer länger, aber egal, und so starte ich tatsächlich ohne Bus. Ein strahlend blauer Himmel begleitet mich von Anfang an, ebenso wie rastende Kraniche, fliegende Gänse und flüchtende Reiher, leider auch schnurgerade Wege, teils auf dem Deich, entlang an Fließen und auch entlang der Havel. Und im Ohr? Natürlich den Podcast der Science-Cops, es gibt ja noch soviel Unsinn auf der Welt zu untersuchen, der reicht noch für viele viele Wanderungen 🙂 Natürlich nur in einem Ohr, das andere lauscht der Natur, am meisten davon den Kranichen. Auch heute würde ich eher sagen, es ist eine Fahrradgegend, aber heute würde ich auch sagen, man kann es trotzdem genießen. Zum einem, indem man ganz einfach viel mehr (kleine) Pausen macht und auf die Havel oder übers flache Land schaut. Ganz besonders schön liegt eine Bank, zu der ich einen „Berg“ hochklettern muss. „Oben“ pfeift der Wind. Aber schön ist‘s! Ich muss mich losreißen, hätte hier noch lange sitzen bleiben können, aber das Auto im Ziel wartet. Und so schließe ich nach 3 Tagen, nach mehr als 80 km die Wanderung um den Gülper See ab. Eine Strecke, mit der ich auch die Müritz, den größten IN Deutschland liegenden Binnensee hätte umrunden können …

5:25 h in Bewegung
6:46 h unterwegs

Und nun bekommt mein Knie mindestens fünf Tage Wanderruhe, oder heißt es besser „Ruhe vorm Wandern“?

aufgezeichnet von Wanderro u t e

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